An dem Streik der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) in dieser Woche haben sich rund 12.500 Beschäftigte beteiligt. Ein seltenes Ereignis, denn bundesweit wurde in der Branche zum letzten Mal 2002 gestreikt. Der Grund: Die Ablehnung des Schlichterspruchs der Bau-Unternehmensverbände anfang Mai. Die Stimmung auf dem Bau soll lt. IG BAU Chef Robert Feiger "weit unter null" liegen, die Baubeschäfttigten seien sauer und vermissen "jeglichen Respekt und jegliche Anerkennung" der Unternehmen. In der zweiten Streikwoche soll die Arbeitsniederlegung auf Verkehrsinfrastruktur-Baustellen ausgedehnt werden.
„Die Motivation der Bauarbeiter für ihre Lohnerhöhung zu kämpfen, ist mehr als hoch. Sie verstehen einfach nicht, warum sich die Arbeitgeber derart verweigern, ihnen die Wertschätzung zu geben, die sie verdient haben. Und ehrlich gesagt, ich auch nicht“, sagt Feiger. Er kündigt an, dass in der nächsten Woche die Streiks punktuell in ganz Deutschland weitergeführt werden. Der Arbeitskampf werde dann auf die Verkehrsinfrastruktur ausgedehnt: Straßen-, Autobahn-, Schienen-, Brücken- und ähnliche Baustellen würden stillgelegt. „Wir lassen nicht nach, bis die Bauunternehmen ein Angebot vorlegen, das oberhalb des Schlichterspruches liegt. Nach dem Auftakt in dieser Woche mache ich mir auch keine Gedanken über den Kampfeswillen der Baubeschäftigten. Er wird sicherlich nicht weniger werden, das Gegenteil wird eintreten“, so Feiger. Die Forderung laute auch weiterhin: 500 Euro mehr pro Monat.
In der aktuellen Tarifauseinandersetzung im Bauhauptgewerbe hat der Schlichter Prof. Dr. Rainer Schlegel nach drei ergebnislosen Verhandlungen Ende April einen Schlichterspruch gefällt. Er sieht 250 Euro mehr im Monat vor, elf Monate später noch einmal 4,15 Prozent im Westen und knapp 5 Prozent im Osten. Diesem Kompromiss hat die Gewerkschaft zugestimmt, die Arbeitgeber, vertreten durch den Hauptverband der Deutschen Bauindustrie sowie dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, haben ihn jedoch abgelehnt. Hierzu erklärte Uwe Nostitz, Verhandlungsführer der Arbeitgeber: „Der Schlichterspruch weist leider schwere Mängel auf, die einer Zustimmung entgegenstehen."
Allerdings haben die beiden Arbeitgeber-Spitzenverbände schon wenige Tage später den Unternehmen freiwillige Entgeltanhebungen empfohlen. Der Vorschlag: Die Tariflöhne und Gehälter sollen ab 1. Mai im Westen um 5 % und im Osten um 6 % angehoben werden sollen. Für die unterste Lohngruppe 1 ist eine Mindestanhebung auf bundeseinheitlich 14 Euro vorgesehen. Die Ausbildungsvergütungen sollen im 1. Ausbildungsjahr einheitlich auf 1.000 Euro ansteigen, für die Ausbildungsvergütungen in den 2., 3. und 4. Ausbildungsjahren sind unterschiedliche Erhöhungen vorgesehen, die deutlich über dem gescheiterten Schlichtungsspruch liegen. Große Konzerne wie Porr, Leonhard Weiss und Strabag/Züblin haben angekündigt, dieser Empfehlung zu folgen.