Die arbeitgeberseitigen Sozialpartner, der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes, haben den Schlichterspruch vom 19. April 2024 für die Schlichtung der Lohn- und Gehaltstarifverhandlungen im Bauhauptgewerbe abgelehnt. Die Gremienabstimmung hat die satzungsgemäß erforderliche Mehrheit nicht erreicht. Hierzu erklärt Uwe Nostitz, Verhandlungsführer der Arbeitgeber: „Der Schlichterspruch weist leider schwere Mängel auf, die einer Zustimmung entgegenstehen. Dies betrifft etwa die einheitliche Festlegung aller Ausbildungsvergütungen im ersten Ausbildungsjahr."
Bei den technisch-kaufmännischen Vergütungen soll das lt. HDB dazu führen, dass die Ausbildungsvergütung im 2. Ausbildungsjahr unter der des 1. liegt. "Das ist ein klarer Verstoß gegen § 17 Absatz 1 Berufsbildungsgesetz, der für jedes Ausbildungsjahr steigende Ausbildungsvergütungen zwingend vorschreibt. Dieser Fehler hätte vermieden werden können, wäre der Schlichter unserem Vorschlag, auch die Vergütung der übrigen Ausbildungsjahre zu erhöhen, gefolgt. Auch in Sachen Ost-West-Angleichung gibt es ein absurdes Ergebnis: So soll ab dem nächsten Jahr der Lohn in der Lohngruppe 1 im Osten höher sein als im Westen", betont Nostitz.
Jutta Beeke, Vizepräsidentin des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie und alternierende Vorsitzende der Verhandlungskommission kritisierte, dass man bei der Ost-West-Angleichung kaum vorangekommen sei. „Auch der von der Gewerkschaft geforderte Respekt ist auf der Strecke geblieben. In einigen Lohngruppen gab es durch den Festbetrag zu hohe, in anderen nur relativ geringe Erhöhungen. Das können wir als Arbeitgeber so nicht verantworten. Fair ist eine einheitlich prozentuale Erhöhung für alle. Nicht nachvollziehbar ist auch der Verzicht auf tarifliche Entgeltumwandlung, etwa die Möglichkeit von Firmenrad-Leasingangeboten, als attraktiven Vergütungsbestandteil. Im Wettbewerb um Fachkräfte sind wir als tariftreue Unternehmen dadurch im Nachteil. Hier wurden Chancen vertan.“
Neben den rechtlichen Mängeln verkenne der Schlichterspruch darüber hinaus die aktuellen Konjunkturfakten. Hierzu Uwe Nostitz: „Über alle Sparten hinweg verzeichnen wir eine real negative Umsatzentwicklung. Der Wohnungsbau steckt zudem in einer tiefen Krise. Diese baukonjunkturelle Realität spiegelt sich leider in dem tendenziell sehr hohen Schlichterspruch nicht wider, wohl aber die Hoffnung auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation. Hoffnung allein rettet aber keine Existenzen in der Krise.“
Beeke und Nostitz betonen, dass die Arbeitgeberseite weiter verhandlungs- und gesprächsbereit sei, um Streiks zu vermeiden und Schaden von der Branche abzuwenden.
Die IG BAU hatte dem Vorschlag des Schlichters Prof. Dr. Rainer Schlegel schon vor zwei Wochen zugestimmt. Nach der Ablehnung des Schlichterspruchs kündigt der IG BAU-Bundesvorsitzende Robert Feiger Streiks an. „Der Kompromiss hätte auch uns einiges abverlangt, aber wir waren uns der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung bewusst. Jetzt haben nicht wir, die IG BAU, den Streik zu verantworten, sondern die Bauunternehmen selbst." Feiger berichtet weiter, dass die Stimmung auf dem Bau „weit unter null“ liege. Die Baubeschäftigten seien so sauer, sie vermissten „jeglichen Respekt und jegliche Anerkennung“ der Unternehmen.
Gestreikt werde nun lt. Feiger nicht für den Schlichtervorschlag, sondern für die ursprüngliche Forderung: 500 Euro mehr im Monat über alle Lohngruppen hinweg. „Ich garantiere: Die Ablehnung des Schlichterspruchs wird den Bauunternehmen noch auf die Füße fallen, denn jetzt kann es nur teurer werden."