Das billigste Angebot erhält bei der Vergabe von Bauprojekten in 76 Prozent der Fälle den Zuschlag. Nur selten hat das aus Gesamtsicht wirtschaftlich sinnvollste Angebot die Nase vorn. Das ergab eine Umfrage der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, die im Juli 2015 durchgeführt wurde.
Bei der Vergabe von Planungsleistungen im Bauwesen steht allzu oft der Preiswettbewerb im Vordergrund. Die Gefahr ist groß, dass dies zu Lasten der Qualität geht und eine unwirtschaftliche Bauausführung mit hohen Folgekosten nach sich zieht. „Wenn der Billigste den Zuschlag für ein Projekt bekommt und nicht der Beste, gefährdet das die Qualität in höchstem Maße. Von der Sicherheit ganz zu schweigen! Die beste Lösung entsteht im Wettbewerb der Leistungen und Ideen, nicht im Wettbewerb der Preise“, informiert Dr.-Ing. Heinrich Schroeter, Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau. „Je größer das Bauprojekt, desto mehr Sachkenntnis braucht man, um ein Angebot angemessen bewerten zu können. Dass häufig die billigsten Bieter den Zuschlag bekommen, liegt zum einen daran, dass nur die unmittelbaren Kosten betrachtet werden und zum anderen daran, wer über die Vergabe entscheidet. Entscheidet ein Ingenieur, erkennt dieser viel eher als ein Betriebswirtschaftler oder Jurist, warum das Angebot, dass zunächst vielleicht teurer erscheint, mittelfristig doch günstiger ist“, so Schroeter weiter.
Bauwerke müssen über Jahrzehnte ihren Zweck erfüllen, sicher sein und die Ansprüche an eine moderne Infrastruktur erfüllen. Bei einer so großen Zeitspanne müssen irgendwann Modernisierungsarbeiten durchgeführt werden und die verursachen wiederum Kosten. Betrachtet man aber schon bei der Planung den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks, spart man mittelfristig jede Menge Geld. Um dies vernünftig beurteilen zu können, sollten Ingenieure bei der Vergabe grundsätzlich ein Wort mitzureden haben. Nur sie können die Angebote dahingehend bewerten“, findet Dr. Schroeter. Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau setzt sich seit Jahren für mehr Nachhaltigkeit im Bauwesen ein. Mit dem Positionspapier „Leistungs- statt Preiswettbewerb“ bezieht sie klar Stellung zugunsten einer wirtschaftlich sinnvollen Vergabe.