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Freitag, 20. März 2020

Coronavirus: Prognose für die Baukonjunktur

Der Coronavirus hat Deutschland fest im Griff. Dabei ist es aktuell schwer abzuschätzen, welche Auswirkung die Pandemie auf die heimische Wirtschaft haben wird. Dies gilt natürlich auch für die Baubranche, die in den letzten Jahren bekanntermaßen auf der Sonnenseite des Wirtschaftslebens gestanden hat. Daher stellen sich für viele in der Brache die Frage, wie die Entwicklung am Bau weitergehen wird: Schrammt die Bauwirtschaft nochmals mit einem blauen Auge vorbei oder kommt es auch am Bau zu massiven Turbulenzen?

Um hier erste richtungsweisende Antworten zu geben, haben die Spezialisten für Bauwirtschaftsdaten von BauInfoConsult zwei Prognoszenarien entwickelt, die zeigen, wie heftig das Coronavirus die deutsche Baubrache treffen könnte. Vorab eine vorsichtig optimistische Nachricht: Der brachiale Einbruch der deutschen Bauwirtschaft ist noch keine ausgemachte Sache. 

Aktuell werden auf Grund der rasenden Ausbreitung von SARS-CoV-2 in Europa auch hierzulande schon erste wirtschaftspolitische Maßnahmen auf den Weg gebracht die deutsche Wirtschaft vor möglicherweise heftigen Einschlägen zu schützen. Dabei ist noch gar nicht abzuschätzen, wie stark die Coronaviruspandemie die einzelnen Bereiche treffen wird. Fest steht jedoch jetzt schon, dass einige Wirtschaftsbereiche wohl heftiger getroffen werden als andere – so gehen Ökonomen beispielsweise von massiven Schwierigkeiten für die exportabhängige Industriebereiche sowie den Tourismus aus. Doch was ist mit der Bauwirtschaft?

Bauinvestitionen an BIP gekoppelt

Um hier realistische Prognosen abgeben zu können, müssen zuerst einige grundlegende Annahmen analysiert werden. Ohne zu sehr auf die makroökomischen Machanismen und Dynamiken im Detail einzugehen, lässt sich an dieser Stelle vereinfacht folgendes festhalten: Die zentralen bauwirtschaftlichen Indikatoren – wie etwa die Bauinvestitionen oder das Bauvolumen – sind langfristig an die BIP-Entwicklung gekoppelt. Damit ist die Hypothese zulässig, dass stärkere Veränderungen im BIP auch Auswirkungen auf die Bauwirtschaft haben werden. Und genau hier setzten die bauwirtschaftlichen (Corona-)Prognosevarianten von BauInfoConsult an: Da mittlerweile viele der Ende letzten Jahres aufgestellten BIP-Wachstumsprognosen für 2020 von den Instituten nach unten revidiert werden, kann ebenfalls von einem messbaren Effekt auf die Baubranche ausgegangen werden.

Prognoseszenario 1: Milde Corona-Effekte bremst Bauwirtschaft nur etwas ein

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) hat Anfang März zwei verschiedene Prognoseszenarien veröffentlicht, welche Effekte die Pandemie auf die Konjunktur haben könnten – sowohl weltweit, als auch bezogen auf die G20-Länder. Dabei geht das erste Szenario von einem eher „milden“ Verlauf der Coronakrise aus: Unter der Annahme, dass die Verbreitung von SARS-CoV-2 in China ihren Höhepunkt im ersten Quartal 2020 erreicht haben und Ausbrüche in anderen wirtschaftsstarken Ländern ebenfalls zum Quartalsende einigermaßen unter Kontrolle gebracht werden, geht die OECD von einem Rückgang des weltweiten Wachstums um 0,5 Prozentpunkte aus. Somit dürfte das Weltwirtschaftswachstum in 2020 bei 2,4 % liegen. In diesem Szenario erwartet die OECD, dass die deutsche Konjunktur für das Gesamtjahr 2020 noch mit einem blauen Auge davonkommen könnte: Demnach würde sich das Wirtschaftswachstum hierzulande mit einem magern Plus von 0,3 % zufrieden geben müssen – ursprünglich ging die OECD von einem Anstieg von 0,8 % aus.

Ausgehend von der bestehenden Korrelation zwischen BIP, Bauinvestitionen sowie Bauvolumen würde dieses magere Wachstum der heimischen Wirtschaft von 0,3 % nur leichte Effekte auf die Leistung der Bauwirtschaft haben. So geht das BauInfoConsult-Prognosemodell in diesem Szenario davon aus, dass die Bauinvestitionen in 2020 um 2,1 % und das Bauvolumen 2,2 % zulegen könnten. In Euro ausgedrückt bedeutet dies Bauinvestitionssumme von etwa 331,2 Mrd. Euro für 2020 sowie ein prognostiziertes Bauvolumen von 453,8 Mrd. Euro. Damit würden die Sonderkonjunktur am Bau enden und die Entwicklungsgeschwindigkeit wieder auf ein Normalmaß zurückgefahren werden.

Allerdings scheint dieses Gesamtszenario mit milden Corona-Effekten von Tag zu Tag immer unwahrscheinlicher zu werden, da mittlerweile Europa China als Hot-Spot der Pandemie abgelöst hat. Die Zahl der Infizierten sowie die negativen Auswirkungen der persönlichen und wirtschaftlichen Einschränkungen werden nunmehr auch hierzulande immer größer, so dass bereits erste wirtschaftspolitische Maßnahmen auf den Weg gebracht wurden, um die Konjunktur zu stützen. 

Prognoseszenario 2: Heftige Corona-Effekte drückt auch die Bauwirtschaft ins Minus

Da die aktuellen Entwicklungen leider darauf deuten, dass die europäischen Wirtschaften wahrscheinlich massive Schockzustände erleiden werden, dürfte wohl eher das zweite und damit ungünstigere Prognoseszenario eintreten. Hierbei geht die OECD von merklichen Angebots- und Nachfrageeinbrüchen in den fortschrittlichen Volkswirtschaften der nördlichen Hemisphäre aus: „Ein länger anhaltender, intensiverer Ausbruch des Coronavirus, der sich weiter im asiatisch-pazifischen Raum, in Europa und Nordamerika ausbreitet, würde die Aussichten beträchtlich verschlechtern", warnt die OECD.

Für diesen Fall prognostiziert die in Paris ansässige Organisation ein weltweites Wirtschaftswachstum von nur noch 1,5 % in 2020. Allerdings würde in dieser negativen Variante Europa besonders stark in Mittleidenschaft gezogen werden und nach Einschätzungen der OECD um mindestens 0,2 % sinken. Falls diese Situation eintritt, könnte das deutsche BIP mit einem Minus von 0,3 % ebenfalls in eine leichte Rezession schliddern.

In so einem Fall würde die Bauwirtschaft ebenfalls mit leicht negativen 2020er Ergebnissen kämpfen müssen, wie die Prognose der Düsseldorfer Bauwirtschaftsdatenspezialisten zeigt. Die Bauinvestitionen werden bei diesem Szenario um 0,4 % und das Bauvolumen um 0,5 % zurückgehen. Damit würden die Bauinvestitionen unter diesen Prognosevoraussetzungen in 2020 bei etwa 323 Mrd. Euro und das Bauvolumen bei ca. 428 Mrd. Euro liegen. Ein zentraler Grund für die leicht negative Entwicklung liegt in dem angenommen Nachfragerückgang, der sich auch in der Bauwirtschaft breit machen dürfte. Auf der einen Seite werden Investitionen in Bauten wahrscheinlich teilweise zurückgefahren und die zuletzt stark gestiegenen Baupreise nehmen wieder normale Dimensionen an.

Ausblick: Entwarnung? Nicht ganz.

Ist damit die Bauwirtschaft immun gegen das Coronavirus? Dies ist an dieser Stelle noch nicht ganz klar, da die wirtschaftlichen Dynamiken aktuell zu schnell sind und teilweise unberechenbare Wendungen einschlagen. Jedoch hat die Bauwirtschaft – z. B. im Vergleich zur Automobilindustrie – drei wichtige Trümpfe in der Hand, die vor einem länger anhaltenden Schock schützen sollten. Zu einem wird die Bauwirtschaft aus dem Ende einer Boomphase heraus mit der Coronakrise konfrontiert. Damit hat der deutsche Bau ein solides Polster – sowohl an Umsätzen und Auftragsreserven. Dies sollte einen kompensierenden Effekt haben. Zum anderen ist die heimische Baubranche nicht ganz so stark exportfixiert – auch industrieseitig ist Deutschland einer der Hauptabsatzmärkte. Somit führt eine zurückgehende Nachfrage aus dem Ausland nicht sofort zu größeren Problemen hierzulande – zumindest nicht kurzfristig. Darüber hinaus ist der Neubaumarkt ein Investitionsmarkt, in dem eher langfristige Überlegungen die Hauptrolle spielen. Damit ist dieser Markt nicht ganz so schnell zu verunsichern wie beispielsweise klassische kurzfristige Konsummärkte. 

Dennoch sollte hier eine Warnung ausgesprochen werden, dass die Bauwirtschaft nicht unverwundbar ist. Die dargestellten Prognosen können durchaus auch negativer ausfallen, wenn die Pandemie zu einer handfesten Rezession in Deutschland führen sollte.  Zwar wird die deutsche Wirtschaft finanzpolitisch gestützt (wie zur Zeit der Finanzkrise), aber mittelfristig dürften wichtige Exportmärkte (wie etwas China, Frankreich oder Italien) nicht ganz so schnell wieder auf die Beine kommen. Daran werden exportorientierte Wirtschaftseinheiten hierzulande noch länger zu knabbern haben, während sich der inländische Konsum in Deutschland wohl eher rasch erholen wird – natürlich nur dann, wenn große Entlassungswellen ausbleiben.   

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