Obwohl die Lieferkrise der vergangenen zwei Jahre überwunden scheint und auch die Inflation weniger stark steigt, steigen die Baupreise weiter und belasten die Baukonjunktur. Und auch wenn bereits im nächsten Jahr genehmigungsseitig wieder mehr Bauaktivität zu erwarten ist, verzögert sich die entlastende Wirkung auf den Wohnungsmarkt weiter in die Zukunft. Diese Prognose wird in der BauInfoConsult Jahresanalyse 2024/2025 aufgezeigt, der neuen Marktstudie zum Bausektor.
Die von BauInfoConsult beobachteten Marktakteure sehen in der bröckelnden Neubaunachfrage den beherrschenden Trend der nächsten zwei Jahre – neben ähnlich deprimierenden Phänomenen wie dem Fachkräftemangel und dem Baupreisanstieg. Doch es gibt auch positive Signale – und Chancen, auf die Hersteller, Planer und Baufirmen aktuell verstärkt setzen.
Entwicklung der Bausektoren
Der Wohnungsneubau ist unbezweifelbar in eine Krise geraten. Dafür sorgen die bekannten Faktoren (Baukosten, Inflationsrate, Zinsanstieg), aber auch die öffentliche Hand spielt aufgrund der unsteten und niedrigen Neubauförderung sowie der bestenfalls zaghaften Ansätze zum Abbau bürokratischer Hürden hier eine höchst unrühmliche Rolle.
Im Nichtwohnungsneubau sind in den nächsten Jahren ebenfalls rückläufige Fertigstellungsraten zu erwarten, allerdings immerhin weniger drastische als im Wohnsegment. Nach Bausparten betrachtet kontrastieren rückläufige Sektoren wie der Industriebau mit einer Sonderkonjunktur im Hotel- und Gastronomiesegment. Die großen Bauregionen Süden und Westen sind dabei die Hauptursache für die bundesweit geschwächten Aussichten im Nichtwohnungsbau – der in anderen Regionen dagegen guten Zeiten entgegensehen kann.
Trotz des nominell gestiegenen Tiefbauvolumens ist die Leistung auch in diesem Sektor weit unter Bedarf. Aktuell gilt der Tiefbau dennoch als Zugpferd für die Bauindustrie – umfangreiche Projekte wie die Großsanierung der Riedbahn zwischen Frankfurt am Main und Mannheim sowie laufende Arbeiten an Knotenpunkten wie Autobahnbrücken können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die lange verschleppte Sanierung des Bahnstreckennetzes ein Debakel ist und dass auch der offensichtliche Infrastrukturmangel im Fernstraßennetz nicht genügend in Angriff genommen wird.
Bauweisen und Baustoffe
Der Wohnungsneubau wird aktuell vor allem von Ziegeln, Holz und Porenbeton dominiert, während im Nichtwohnungsbau Stahlbeton, Stahl und Holz als Hauptbaustoffe führend sind (je nach Gebäudesegment). Auch wenn der Fertigteilbau und damit auch der unvermeidliche Trendbaustoff Holz sein bisheriges Gewicht innerhalb der genehmigten Projekte 2023 stabilisiert hat, war er dennoch ähnlich deutlich vom zahlenmäßigen Rückgang der Baugenehmigungen betroffen wie sein Massvibaupendant.
Immerhin zeigen die Analysen des Wohnungsbedarfs, dass der Neubau- und Kaufimmobilienmarkt nur konjunkturbedingt in den Dornröschenschlaf gesunken ist – doch wachgeküsst werden kann er womöglich nur von einer Zinswende. Und die lässt im Zeichen der vorsichtigen EZB-Politik auf sich warten, die erst bei nachhaltigem Inflationsrückgang und Konjunkturaufschwung weitere deutlich Zinssenkungen in Aussicht stellt. Wenn die Bedingungen für den Neubau jedoch einmal besser werden, dürfte eine Markterholung aufgrund der starken Nachfrage aber auch nicht auf sich warten lassen – doch bis dahin können gut ein bis zwei Jahre ins Land gehen, wie das Prognoseszenario von BauInfoConsult zeigt.
Modernisierung im Kommen
Die Baubranche bleibt pragmatisch und macht das Beste daraus – etwa durch die Konzentration auf die Chancen, die sich auf dem energetischen Sanierungs- und Modernisierungsmarkt ergeben. Nicht zuletzt dieses Segment und generell das Thema nachhaltiges Bauen sorgt für die positiven Umsatzerwartungen der befragten Baubranchenakteure. Die Sanierung und Modernisierung sind in der Tat die einzigen Hochbausegmente, in denen die Nachfrage weiter stetig zu sein scheint.
Da allein 2023 über die Hälfte des Bauvolumens in diesem Bereich erzielt worden ist, sind auch die bislang weiter stabilen Zahlen bei den genehmigungspflichtigen Bestandsmaßnahmen eine gute Nachricht für die Branche. Die Entwicklung der tatsächlichen Sanierungsrate ist allerdings aus Klimaschutzperspektive immer noch zu niedrig (d. h. nicht nur die Sanierungen als Umsatzerlöse, wie sie sich im Bauvolumen widerspiegeln, sondern als Anteil am Gebäudebestand).
Der Fokus der Regierung auf den Einzelbaustein Heizungserneuerung in der Novellierung des GEG im letzten Jahr wird vor diesem Hintergrund verständlich. Allerdings erreicht der verabschiedete Kompromiss weitgehend nur Attentismus bei den Haushalten. Immerhin zeigt die zuletzt starke Nachfrage nach den (leider weniger starken) Fördermitteln, was hier potenziell noch drin wäre.
Fertigteilbau, Gebäudetyp E und KI als Chancen
Die Bauwirtschaft wird zusätzlich zur Nachfrageschwäche von Fachkräftemangel und den steigenden Baukosten gehemmt. Zu den positiven Gegentrends gehören aktuell wichtige Entwicklungen wie die weitere Verbreitung des Bauens mit Fertigteilen bzw. des seriellen Bauens. Auch der neue Gebäudetyp E könnte die Bauabläufe wieder schneller und vor allem günstiger machen – und so auch den künftigen Bauaufschwung beschleunigen. Nicht zuletzt kann der gezielte Einsatz von KI dabei helfen, die Logistik am Bau flüssiger und fehlerkostenärmer zu machen.
Trotz der schwierigen Situation achten die Hersteller auf ein konstantes Marketingbudget – zumindest im Verhältnis zum Umsatz. Im Zielgruppenfokus sind nach wie vor insbesondere die B2B-Kundengruppen aus der Baubranche, von der Kundeseite her am ehesten Bauträger und Wohnungsunternehmen, aber kaum private oder gar öffentliche Bauherren – zu zögerlich treten diese Zielgruppen auf dem aktuellen Markt als Kunden in Erscheinung. Als wichtigste Erfolgsfaktoren im Marketing gelten Beratung, Innovationen und der eigene Mitarbeiterstamm – also die Kerntugenden der Bauwirtschaft, die sie jetzt einmal mehr als Trumpfkarten im schwieriger werdenden Markumfeld ausspielen muss.