Seit Jahren ist bezahlbares Wohnen in den Städten Wunschdenken. Mehr noch – auch für die Mittelschicht ist der Kauf einer Immobilie in strukturstarken Regionen zu einem Ding der Unmöglichkeit geworden. Bauland ist so gut wie nicht vorhanden, sodass den Familien oft nur noch die Wahl bleibt, weiter aufs Land zu ziehen oder zu abgenutzten und verbrauchten Immobilien aus den 70ern zu greifen, um sie für teuer Geld zu sanieren.
Zwar erlebt der Wohnungsneubau seit 2011 einen kontinuierlichen Anstieg, doch dieser reicht bei weitem nicht aus, den tatsächlichen Bedarf zu decken. Einer der Engpassfaktoren ist das Bauland, das es nicht in ausreichender Menge gibt. Und die noch vorhandenen Freiflächen sind so teuer, dass sie mögliche Investoren abschrecken: Allein in den letzten 10 Jahren haben sich die Preise für baureifes Land in Ballungsräumen mehr als verdoppelt. Zeitgleich hat die Bürokratie in Deutschland nichts an ihrer Widerstandsfähigkeit verloren, sodass man als Bauherr bei Problemlösungsansätzen wie z. B. einer Steigerung der erlaubten Geschossflächenzahl oder einer Verminderung der notwendigen Gebäudeabstände immer noch zumeist auf taube Ohren der Behörden stößt. Dabei könnten dadurch zusätzliche, vermietbare Wohnflächen generiert werden.
Mit der Corona-Krise hat sich jedoch eine zusätzliche Möglichkeit aufgetan: Vielerorts stehen nun Büroimmobilien leer, weil zahlreiche Mitarbeiter von Zuhause aus arbeiten und sich dieses Konzept für viele Unternehmen auch in der Zeit nach der Pandemie etablieren wird. Ebenso ist damit zu rechnen, dass viele Ladengeschäfte und Kultureinrichtungen die entbehrungsreiche Zeit der Pandemie wirtschaftlich nicht überleben werden und ihre Standorte aufgeben müssen. Ist es möglich, diese Flächen entsprechend umzufunktionieren?
Wohnungsbaustudien vom Pestel-Institut (Hannover) und der ARGE für zeitgemäßes Bauen sehen durch die Umwandlung ein Potenzial von 235.000 „Ex-Büro-Wohnungen“ bis 2025. Je nach Objekt könnten die baulichen Herausforderungen zwar groß ausfallen, trotzdem soll die Umnutzung für Investoren in den meisten Fällen finanziell attraktiv bleiben. ARGE-Chef Dietmar Walberg zeigte dies in einem Rechenbeispiel: Gerade einmal 1.108 Euro pro m² soll der Büroumbau zur Wohnung im Schnitt kosten, weil Verwaltungsgebäude das Tragwerk und teilweise auch hohe Standards z. B. beim Brandschutz mitbringen. Währenddessen fallen bei einer Vollmodernisierung eines Altbaus durchschnittlich Kosten von 2.214 Euro pro m² an, beim Neubau sind es sogar 2.978 Euro pro m².
Die Forderung des Verbändebündnisses „Soziales Wohnen“ an Bund und Länder ist allerdings deutlich: Eine strikte Sozialquote soll es geben, damit die Büroflächen in den Städten nicht zu Luxus-Citylofts umfunktioniert werden, sondern den Bedarf an bezahlbarem Wohnraum decken. Wichtig ist dabei auch, dass die Behörden die Ideen mittragen und solchen Konzepten nicht mit rigiden Vorschriften sondern mit Flexibilität begegnen, gerade wenn es um Wohnraumschaffung in Misch- und Gewerbegebieten geht.
Autor: Paul Deder