Die Arbeit im Straßenbau ist ein schweißtreibender Job: Auch wenn die Temperaturen im Sommer auf über 30 °C klettern, sind schattige Plätzchen für die Bauarbeiter tabu. Sie müssen nämlich dorthin, wo die heiße schwarze Masse die Umgebungstemperaturen ins Unerträgliche hochtreibt. Hinzu kommen die beim Asphalteinbau freiwerdenden Gefahrstoffe, die beim Einatmen zu Gesundheitsrisiken und Berufskrankheiten führen können.
Auch der ökologische Fußabdruck des Asphaltes ist aufgrund des hohen Energieverbrauchs bei der Herstellung und der daraus resultierenden CO2-Emissionen nicht zu verachten. Eine Alternative zur konventionellen Mischung stellt der sogenannte Warmasphalt dar. Die Wissenschaftler des Schweizer Forschungsinstituts Empa haben nun in einer Studie gezeigt, dass verschiedene Arten von Warmasphalt nicht nur bei Umweltaspekten punkten können, sondern bei ihrer Verlegung auch weniger schädliche Emissionen freisetzen. Wichtig, denn inzwischen gibt es einen neuen Arbeitsplatzgrenzwert für Dampf und Aerosol bei der Heißverarbeitung von Destillations- und Air-Rectified-Bitumen, der nach einer fünfjährigen Übergangszeit ab 2025 verbindlich gelten soll.
Was die beiden Verfahren grundsätzlich unterscheidet, ist die Temperatur bei der Herstellung des Mischguts. Während der herkömmliche Heißasphalt bei über 160 °C produziert, transportiert und anschließend von den Straßenbauern verlegt wird, kommt der Warmasphalt mit weniger energetischem Aufwand aus. Er wird nur auf 100 bis 140 °C erhitzt und bei noch niedrigeren Temperaturen verarbeitet.
Die Feldforschung des Empa-Teams fand auf der Straße statt: Nachdem die Maschinen und Bauarbeiter mit Messsystemen ausgestattet wurden, haben die Ausführenden pro untersuchte Asphaltart (vier Warmasphaltarten und eine herkömmliche Mischung) zwei Kilometer Straße verlegt und dabei Daten gesammelt. Ergänzend dazu wurden Laborversuche durchgeführt, um die Plausibilität der Feldmessungen zu überprüfen. Das Ergebnis: 90 % weniger Gesamtpartikel haben die Warmasphalte gegenüber dem regulären Asphalt ausgestoßen, zudem wurden rund 50 bis 70 % weniger flüchtige organische Kohlenwasserstoffe gemessen.
Auch in der Praxis findet das neue Verfahren bereits Anwendung. Eine Tochtergesellschaft von Porr Deutschland hat z. B. im Zuge des Bauvorhabens „Osthofstraße“ in Münster die Erneuerung des Fahrbahnaufbaus auf einer Fläche von insgesamt 24.000 m² ausgeführt und dabei auf Warmasphalt als ökologisches Straßenbau-Konzept gesetzt. Nach dem Ende der Arbeiten sollen Bohrkerne aus den beiden Schichten für Messungen entnommen und wissenschaftlich untersucht werden.
Dass der Warmasphalt bislang noch keine große Akzeptanz findet, liegt u. a. daran, dass nicht alle Mischanlagen für seine Herstellung geeignet sind. Ferner erfordert das neue Verfahren sowohl in der Planung als auch in der Umsetzung bei allen Beteiligten ein spezielles Fachwissen, das branchenweit erst schrittweise erworben werden muss. Der Warmasphalt soll nämlich trotz der reduzierten Temperatur genauso fehlerfrei verarbeitet werden wie die konventionelle Mischung, um weiterhin eine hohe Straßenqualität zu gewährleisten. Hier sind Erfahrungswerte vonnöten, aber auch mögliche Anpassungen der beteiligen Maschinentechnik. Experten gehen daher davon aus, dass es noch einige Jahre braucht, bis große Mengen der Asphaltproduktion in Deutschland in den Bereich des Warmasphaltes fallen.
(Autor: Paul Deder)