Auf der 66. IAA Nutzfahrzeuge im Herbst 2016 gaben führende Nutzfahrzeughersteller einen Ausblick auf den Lkw von morgen. So auch der Zulieferer-Gigant Bosch, der mit seiner Konzeptstudie VisionX zeigte, welche Trends die Transportbranche beschäftigen und was Nutzfahrzeuge schon in wenigen Jahren zu leisten imstande sind: Sie sind vernetzt, fahren teilweise autonom und je nach Anforderung elektrisch oder mit effizientem Diesel. Die technische Vision schließt neben vielen anderen Technologien auch Platooning ein, das automatisierte Fahren im Konvoi. So wird der Lastzug zu einem Zugverbund aus Lastzügen – nur eben auf der Straße und nicht auf den Gleisen.
Wer sich „hinten anstellt“, folgt einem vorausfahrenden Führungsfahrzeug, welches während der Fahrt die Geschwindigkeit und die Fahrtrichtung vorgibt. Das funktioniert, weil die Lkw untereinander vernetzt sind und über Radar, GPS und WLAN miteinander kommunizieren. Weil die automatischen Bremssysteme schneller reagieren als die „trägen“ Trucker hinter dem Steuer, kann der Abstand zwischen den Fahrzeugen statt der üblichen 50 m bis auf 15 m schrumpfen. Daraus resultiert schon der
erste Vorteil: Der Windschatten der vorausfahrenden Fahrzeuge verringert den Luftwiderstand erheblich – um bis zu 10 % können der Kraftstoffverbrauch und der CO2-Ausstoß dadurch verringert werden.
Die reaktionsschnelle Elektronik der Fahrzeuge würde auch dazu beitragen, Auffahrunfälle zu verringern und dadurch die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen. Zudem könnte Platooning mehr Effizienz bei der Nutzung des besonders rund um die Ballungszentren überlasteten Straßennetzes bringen: Durch die Verringerung der Abstände zwischen den Fahrzeugen wird deutlich weniger Fahrbahnfläche für den Lkw-Verkehr „geblockt“. Umsonst ist der Spaß nicht zu haben: Neben der Investitionsbereitschaft der Fuhrparkbetreiber müssen auch die staatlichen Behörden sicherstellen, dass z. B. Brückenkonstruktionen aufgrund der dicht fahrenden Konvois der Zusatzbelastung standhalten oder womöglich einer teuren Sanierung unterzogen werden müssen. Ob sich auch genügend Fahrer finden, die bereit sind, im Cockpit freiwillig das Heft aus der Hand zu geben, wird sich zeigen. Wie die Transportunternehmen diese lenkzeitfreie Bereitschaftszeit in der Kolonne bewerten und ob das auf Begeisterung stößt, genauso.
Wie sich Platooning auf die Baubranche auswirkt, steht noch in den Sternen. Am ehesten könnten die Systeme in dem nicht wirklich stark ausgeprägten überregionalen Baustoffverkehr zum Einsatz kommen. Dass die durch Platooning verbesserte Auslastung des Autobahnnetzes mögliche Neubauprojekte gefährdet, hätte langfristig wohl größere Konsequenzen für das Baugewerbe.
Autor: Paul Deder