Vorfertigung im Bau ist nicht neu. Besonders nach dem zweiten Weltkrieg hat die Notwendigkeit nach preiswertem Wohnraum Denkanstöße für die industrielle Massenfertigung ausgelöst. Die so entstandenen Baracken der Nachkriegszeit erfüllten zwar ihren Zweck, hatten jedoch herzlich wenig mit gediegenem Wohnambiente zu tun. In den Ländern jenseits des Eisernen Vorhangs – wie z. B. in Russland – prägten die Plattenbauten aus vorgefertigten Betongroßtafeln Jahrzehnte lang die Architektur der modernen Städte. Ganze Quartiere wurden auf diese Weise preiswert errichtet, sodass die Wohnungsgrundrisse in Leningrad genauso aussahen wie die im 9.000 km entfernten Chabarowsk.
Nach anfänglichen Imageproblemen hat sich auch der Fertighausbau in Deutschland etabliert, der Marktanteil für Holzfertighäuser liegt hier mittlerweile bei rund 16 %. Doch seitdem die Hersteller auf hochwertige Baustoffe setzen und eine größere Auswahl an Haustypen und Grundrissen im Angebot haben, bleibt der Kostenvorteil gegenüber der traditionellen Bauweise weitgehend auf der Strecke.
Eine weitere interessante Alternative für das Bauen ist 2,44 m breit, 2,59 m hoch und 6,06 m lang und in seiner eigentlichen Funktion ein universelles Transportmittel. Architekten entdeckten den zum Wohnraum umfunktionierten Seecontainer für die moderne Baukunst. Dieses vorgefertigte Modul ist genormt, robust und kann schnell auf- und abgebaut werden. In einer Art Baukastensystem lassen sich mit dem Container auch große Gebäude relativ einfach erstellen, wodurch auf der ganzen Welt Hotels, Apartments und sogar ganze Studentenstädte entstanden sind – schnell und kostengüstig. Mit der Zeit entwickelten Containerhersteller weitere Raummodule: neue Größen, Materialien und Lösungen mit hochwertigerem Erscheinungsbild.
Heute geht der Modulbau über die klassische Containerlösung hinaus und hat sich zu einer Macht innerhalb der Branche mit großem Zukunftspotenzial entwickelt. Überall auf der Welt entstehen Verwaltungsbauten, Kindergärten, Schulen, Tankstellen oder Krankenhäuser in Modulbauweise, die auf den ersten Blick wie ganz normale Gebäude wirken. Dabei punktet dieses Baukonzept mit niedrigen Errichtungskosten, da ein Großteil der Montage im Werk stattfindet. Die Lieferung der Bauelemente inkl. eingepasster Sanitärobjekte, vormontierter Bäder, Wände und Böden reduziert die Bautätigkeit vor Ort enorm. Durchdachte Konstruktionen berücksichtigen trotz standardisierter Elemente individuelle Raumwünsche und erhöhen die Flexibilität und Umnutzungsfähigkeit des Gebäudes. Seine Größe kann nämlich jederzeit an die Entwicklung des Unternehmens angepasst werden.
Für die Zukunftsfähigkeit solcher Baukastensysteme sorgt neben dem aktuellen Flüchtlingsstrom auch das gestiegene Umweltbewusstsein, welches den Nachhaltigkeitsgedanken im Bauwesen vorantreibt. Die mechanisch miteinander verbundenen Module ermöglichen einen kostengünstigen Rückbau des Gebäudes zu seiner Umnutzung oder zum gezielten Recycling – ganz im Sinne des Wertstoffkreislaufes.
Autor: Paul Deder