Gutes Wohnen ist wichtiger als Freizeit, Autos und Urlaub, hat eine Studie von TNS Emnid bereits vor drei Jahren ergeben. Noch immer gilt: Auch wenn das Alter und individuelle Lebensphasen Einfluss auf das Wohnverhalten nehmen – ein gemütliches Zuhause ist für die meisten erwachsenen Deutschen ein erstrebenswertes Gut. Und dieses will gehegt und gepflegt, bemalt und verschönert, neu tapeziert und energetisch auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden. Doch immer seltener holt der Hausherr dafür die Leiter und die Werkzeugkiste selbst aus der Garage, sondern er wählt den bequemeren Weg und lässt machen.
Das beweist eine Studie des Baustoffhändlers Hagebau, die in diesem Jahr veröffentlicht wurde. Die Studie zeigt, dass die Bereitschaft zur Eigenleistung im Bereich der Sanierung bei privaten Endkunden abnimmt und das deutsche Bauhandwerk sich dadurch im Umbruch befindet. Sowohl die sogenannten „Silver Ager“ als auch die jungen Akademikerhaushalte überlassen die notwendigen Renovierungen lieber den Profis. Vor diesem Hintergrund entwickelte sich in den letzten Jahren eine neue „Handwerkerspezies“, die das traditionelle Bauhandwerk vor große Herausforderungen stellt. Es handelt sich um Kleinstbetriebe, die ohne eine bestimmte Spezialisierung im Dienstleistungsportfolio als Generalisten auftreten und Sanierungsarbeiten gewerkeübergreifend aus einer Hand anbieten. Ein solcher Handwerker verfügt ausschließlich über mobile Strukturen, hat keine Werkstatt und in der Regel nur einige wenige Mitarbeiter. Im Vergleich zum traditionellen Handwerker hat der werkstattlose Generalist einen Kostenvorteil, denn er muss weder hohe Verwaltungskosten noch Abschreibungen auf Gebäude und Maschinen in seine Kalkulationen einfließen lassen. Weil er alles aus einer Hand anbietet, kann er bei Sanierungsmaßnahmen zudem konkurrenzlose Komplettpreise offerieren.
Die Etablierung der mobilen Handwerker begünstigt nicht nur der Trend weg von „Do-it-yourself“ hin zu „Do-it-for-me“. Ein maßgeblicher Faktor für die Entwicklung dieses Trends war 2004 die Reform der Handwerksordnung. Durch sie wurde die Zahl der meisterpflichtigen Handwerke mehr als halbiert. Die EU-Osterweiterung tat ihr übriges. Die Zahl der mobilen Generalisten hat sich seitdem
fast verdoppelt: auf rund 120.000 Kleinstbetriebe. Das Umsatzvolumen dieser Handwerksbetriebe betrug im Jahr 2014 14,7 Mrd. Euro, was einem Anteil von 5,1% am gesamten deutschen Bauvolumen entspricht. Tendenz weiter steigend. Jeder vierte Handwerksbetrieb in Deutschland arbeitet inzwischen nach diesem Prinzip. Jetzt liegt es an den spezialisierten Meisterbetrieben, sich von den „Alleskönnern“ abzugrenzen – durch die höhere Qualität der Arbeit, mehr Lösungskompetenz und besseren Kundenservice.
Autor: Paul Deder