Hollywood hat es schon früh vorgemacht: In zahlreichen Filmen verliehen sogenannte Exoskelette den Leinwandhelden übermenschliche Kräfte. Den nur 1,70 m großen Tom Cruise machte der Stützroboter im Film „Edge of Tomorrow“ zum mobilen Supersoldaten, während Matt Damon im „Elysium“ dank Roboteranzug vom harmlosen Produktionsarbeiter zum schlagkräftigen Einzelkämpfer mutierte. Doch auch wenn in der Traumfabrik maßlose Übertreibung zum Geschäftsmodell gehört – die Idee von Stützrobotern hat es inzwischen tatsächlich in die reale Welt geschafft. Das Potenzial dieser Technologie wurde von der Wissenschaft erkannt, sodass weltweit an der praktischen Umsetzung dieser Idee gearbeitet wird.
Beim Exoskelett handelt es sich um ein mechanisches Gerüst bestehend aus Metallstreben, Gelenken und Achsen, welches den menschlichen Körperbau nachahmt und von einem Menschen wie ein Anzug angezogen werden kann. Gesteuert werden können die aktiven Exoskelette durch Hebel und Knöpfe oder computergestützt durch die Körperbewegungen des Trägers. Doch wozu das ganze? Ziel der Technik ist es, für mehr individuelle Mobilität zu sorgen und die Fähigkeiten der Menschen über das normale Maß hinaus zu erhöhen.
Trotz einer schweren Verletzung wieder gehen können, ohne fremde Hilfe mit schweren Teilen hantieren oder einfach nur komfortabel und auf Dauer Über-Kopf-Arbeiten erledigen – die Vorteile der Exoskelette haben zahlreiche Branchen bereits überzeugt. In der Medizin verhelfen Stützroboter Patienten mit Rückenmarksverletzung oder Schlaganfall wieder zu mehr Bewegungsfreiheit. Gearbeitet wird auch an Anwendungen im Bereich der Pflege, wo die Krankenschwestern beim Umgang mit Bettlägerigen heute auf große Herausforderungen stoßen. In der Industrie sind insbesondere große Maschinenbauer an ausgereiften Lösungen interessiert, ihre Mitarbeiter körperlich zu entlasten, daher experimentieren zahlreiche Autohersteller an der Verschmelzung von Mensch und Maschine. Auch im Handwerk ist dieser Trend längst angekommen: Der Mangel an Fachkräften und eine alternde Belegschaft erfordern Bauarbeiter, die über ihre Leistungsgrenzen hinaus arbeiten können.
Für die Arbeit auf Baustellen existieren bereits bezahlbare und hilfreiche Lösungen. So wie das Exoskelett Paexo von Ottobock. „Es handelt sich um ein passives Exoskelett, das keine Energiezufuhr benötigt. Deshalb ist es mit 1,9 kg Gewicht besonders leicht“, erklärt Dr. Sönke Rössing, Leiter des Geschäftsbereichs Ottobock Industrials. Der Mitarbeiter trägt Paexo – ähnlich wie einen Rucksack – eng am Körper. Das Gewicht der erhobenen Arme wird über die Armschalen mithilfe einer mechanischen Seilzugtechnik auf die Hüfte abgeleitet. Das schont die Muskeln und Gelenke im Schulterbereich spürbar, und Tätigkeiten über Kopf lassen sich komfortabler ausführen. Nutzer können mit dem Exoskelett gehen, sitzen und auch Gegenstände aufheben. Es lässt sich in unter 20 Sekunden an- und ablegen und bequem mehr als acht Stunden tragen.
Die erste Bewährungsprobe hat das Produkt bereits bestanden: Das Unternehmen Thor hat Paexo Ende 2018 auf seinen Baustellen in verschiedenen Gewerken getestet und zeigte sich überzeugt. Nun ist die Lösung marktreif und wurde erstmals auf der BAU in München vorgestellt.
Autor: Paul Deder