Seit über einem Jahr ist Auto-Diesel das neue Umweltmonster der Nation. Ob gerechtfertigt oder nicht – will man das Problem mit der Feinstaub-Belastung und dem Stickoxid-Ausstoß ernsthaft angehen, dann müssen auch die Lkw umweltfreundlicher werden. Alternativen gibt es bereits: zahlreiche Hersteller haben Lkw mit Erdgasantrieb (LNG) in die Konfiguration aufgenommen. Anders als beim Diesel fallen beim Flüssig-erdgas kein Schwefeldioxid und keine Rußpartikel an, auch der Kohlendioxidausstoß ist deutlich geringer.
Trotzdem sehen viele Experten in dieser Antriebsform zumindest vorerst keine echte Alternative zum Selbstzünder. Zum einen ist die Kraftstoffeffizienz von mit Flüssigerdgas betriebenen Fahrzeugen im Vergleich zu dieselbetriebenen Fahrzeugen niedriger. Zum anderen haben die Brummis durch die isolierten Tanks ein höheres Fahrzeuggewicht und sind dazu auch noch etwa 30.000 Euro teurer als Diesel-Lkw, was eine schnelle Amortisation der Investition erschwert. Hinzu kommt, dass ein bedarfsgerechtes LNG-Tankstellennetz für Lkw noch nicht vorhanden ist.
Auch Elektroantriebe sind bei schweren Lkw derzeit noch Zukunftsmusik. Die Akkus sind teuer und besitzen ein hohes Gewicht, welches die Nutzlast reduziert. Auch Schnellladestationen würden in der Praxis beim „Tanken“ lange Stehzeiten nach sich ziehen, was für Speditionen kaum hinnehmbar wäre. Um den Güterverkehr trotzdem zu elektrifizieren und dadurch effizienter und umweltfreundlicher gestalten zu können, hat Siemens das Forschungsprojekt „eHighway” ins Leben gerufen. Bei diesem Konzept wird der Lkw mit einem effizienten Verbrennungsmotor als Basisantrieb ausgestattet. Dessen Leistung wird an einen Generator übertragen, der den nachgeschalteten Elektromotor antreibt. Nähert sich das Fahrzeug jedoch einer Oberleitung, dann wird diese von Sensoren im Dach des Lkw erkannt. Die ins Dach des Führerhauses eingebauten Abnehmer werden dann ausgefahren und an die Oberleitung angedockt. So wird der Strom zum Elektromotor und der Batterie des Lkw geleitet. Einer rein elektrischen Weiterfahrt steht dann nichts mehr im Wege.
Volkswagen und Siemens werden diese Technologie entwickeln, während Scania die Elektro-Hybrid-Fernverkehrs-Lkw zur Verfügung stellt. Um diese Idee zu verwirklichen, müssen wie auf Bahnstrecken entlang der Autobahn Strommasten aufgestellt werden. Damit die ersten Lastwagen mit Stromabnehmern ab 2019 im realen Verkehr getestet werden können, wird derzeit an einem 5 km langen Autobahnabschnitt der A5 gearbeitet. Weitere Teststrecken entstehen in Schleswig-Holstein auf der A1 und in Baden-Württemberg auf der B462.
Ob das Konzept eine Zukunft hat, lässt sich noch nicht beantworten. Das hängt davon ab, wie dicht das Oberleitungsnetz sein wird und ob sich die Anschaffung der sicherlich im Vergleich zum Standard-Lkw teuereren Technik wirtschaftlich rechnet. Der Traum von einem emissionsfreien Lkw und damit einer nachhaltigen Zukunft im Transportwesen lebt mit dem Projekt jedoch erst einmal weiter.
Autor: Paul Deder