Die Urbanisierung schreitet voran – bessere berufliche Aussichten und eine ideale Infrastruktur sorgen dafür, dass es immer mehr Menschen in die Metropolen zieht. Berechnungen zufolge werden in 35 Jahren 70 % der geschätzten 9 Mrd. Bewohner der Erde Städter sein. Für die Verantwortlichen gilt es daher, Vorkehrungen zu treffen, um die Luftqualität und die Geräuschemissionen in der Stadt zumindest auf einem erträglichen Niveau zu halten. Daher werden entsprechende Auflagen immer weiter verschärft. Einzelne Großstädte wie London oder Paris erwägen sogar, Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren aus den Stadtzentren komplett zu verbannen.
Die Antwort des Daimler-Konzerns auf diese Entwicklungen ist der weltweit erste vollelektrische Lkw. Und das, obwohl der vom Unternehmen 2010 präsentierte Transporter Vito E-Cell bei dem Handwerk floppte und mangels Nachfrage schon nach wenigen Jahren eingestellt wurde. Hohe Kosten für die Akkus und eine wenig praxistaugliche Reichweite machten eine Investition in ein solches Fahrzeug uninteressant. Haben die Entwickler bei Mercedes-Benz ihre Lektion nicht gelernt?
Dass an dieser Technologie weiter geforscht wird, hat mit der fortschreitenden Entwicklung bei Batteriezellen zu tun. Von Jahr zu Jahr steigt die Leistungsfähigkeit der Akkus, während sie immer günstiger werden. Bis 2025 rechnet Daimler damit, dass die Kosten für die Batterien auf 200 Euro pro kWh sinken. Die Energieversorgung des E-Trucks von Mercedes-Benz sichert ein dreiteiliges Li-Ionen-Batteriepaket, womit eine Reichweite von immerhin etwa 200 km möglich sein soll – nicht gerade wenig angesichts des Gesamtgewichtes des Lkw von 26 t. Auch das Antriebskonzept wurde neu erdacht: Der konventionelle Antriebsstrang wurde durch eine elektrisch angetriebene Hinterachse mit Elektromotoren ersetzt, wobei jeder von ihnen eine maximale Leistung von 125 kW besitzen soll. Eine technische Meisterleistung und doch bringt diese Technologie etwa 1,7 t mehr auf die Waage als ein vergleichbares Fahrzeug mit Dieselmotor. Ein nicht zu vernachlässigender Faktor für Branchen, die bei Transportlösungen auf Nutzlastoptimierung setzen. Auf der anderen Seite ist die emissionsfreie Fahrweise des Elektro-Lkw nicht von der Hand zu weisen. Und auch die Betriebskosten sind ersten Tests zufolge um 64 % günstiger als bei vergleichbaren Fahrzeugen mit Dieselantrieb – wenn man einmal von dem hohen Anschaffungspreis der Technik absieht.
Der E-Truck von Mercedes-Benz soll nach dem Start der Serienproduktion Anfang des nächsten Jahrzehnts vorerst im städtischen Verteilerverkehr eingesetzt werden. Bis dahin soll an der Technologie weiter gefeilt werden. Verbesserungspotenzial gibt es sicherlich bei der Tourenplanung, Schnellladefähigkeit der Akkus sowie Ladeinfrastruktur generell. Aber auch die Politik ist gefragt, Anreize für das Gewerbe zu entwickeln. Im Moment liegt der Fokus noch ganz stark auf der Förderung privater E-Mobilität.
Autor: Paul Deder