In der Welt der Videospiele sorgt diese Technologie seit einigen Jahren für Goldgräberstimmung, und auch in vielen anderen Branchen ist dieses noch relativ junge Wissenschaftsgebiet ein großer Hoffnungsträger. Die Rede ist von Virtual Reality (VR) – einer computerunterstützten, interaktiven Umgebung, in der man sich bewegen, die man erfahren und erfühlen kann. Neben dem besonderen Kick, den Gamer sich mit dieser Technologie versprechen, bietet VR Mehrwert für die Nutzer und wird daher im großen Stil eingesetzt.
In der Autoindustrie zum Beispiel, wo dank VR Entwürfe realitätsnah visualisiert und virtuelle Prototypen deutlich kostengünstiger als mit traditionellem Modellbau erstellt werden können. Auch bei der Konstruktion von Nutzfahrzeugen und Baumaschinen bieten VR-Lösungen eine Hilfestellung. So lässt sich mit der 3D-Software „EMM-Check“ eine Analyse von Sichtfeldeinschränkungen der Maschine erstellen, um noch im Produktentstehungsprozess eine sichtkonforme Konstruktion sicherstellen zu können.
Auch zu Schulungszwecken kann die Technologie eingesetzt werden. Die Nutzer werden in eine virtuelle Welt versetzt, in der Fehler gemacht werden dürfen – für einen nachhaltigen Lerneffekt. So greift das Unternehmen Liebherr bei der Ausbildung von Kranführern auf Trainings-Simulatoren zurück: Der mit einem VR-Headset ausgerüstete Schulungsteilnehmer sitzt in einer realen Kabine, die Außenszene der Baustelle samt Kran ist dagegen rein virtuell. Die so erzeugte Wirklichkeit ermöglicht einen risikofreien und kosteneffizienten Lernprozess.
Die technischen Fortschritte der letzten Jahre festigen den Eindruck, dass die virtuelle Realität auch die Baustelle erobern wird. 360-Grad-Videos und -Fotos von Gebäuden oder Baulandschaften lassen sich schon heute mit Multimedia-Inhalten zu interaktiven VR-Erlebniswelten kombinieren und bilden die Basis für eine virtuelle Baudokumentation. Alle Bauphasen lassen sich visuell nachvollziehen – eine einfache Veranschaulichung komplexer Prozesse wird durch VR möglich gemacht.
Viele Architekten sind überzeugt, dass VR-Funktionen zum Standardwerkzeug für Neu- und Umbauten werden. Kein Wunder: Seit Jahren nutzen sie spezielle Softwarelösungen, um 3D-Renderings zu erstellen, die sich auf einem zweidimensionalen Monitor betrachten lassen. Mit VR würde die Branche einen gewaltigen Schritt nach vorne machen: Ein realistischer Rundgang durch das Gebäude wäre plötzlich möglich und damit auch das Ende der Verwirrung durch Baupläne. Endlich könnten Bauherren verstehen, was gebaut wird, ohne ihre Vorstellungskraft überzustrapazieren. Das „Betreten“ des Gebäudes wäre auch für Bauunternehmer und Lieferanten noch vor dem Beginn der Baumaßnahme möglich und eventuelle Probleme sofort sichtbar und mit wenig Aufwand korrigierbar.
Fazit: Das Tempo der Entwicklung von Virtual Reality wird im Moment lediglich von der Qualität und den Kosten der Hard- und Software bestimmt. Für das Baugewerbe sind die ersten Lösungen bereits verfügbar, andere befinden sich in der Testphase. Holodeck, wir kommen!
Autor: Paul Deder