Der Klimawandel ist eines der wichtigsten Themen unserer Zeit, der Klimaschutz – eine der dringendsten Aufgaben der Menschheit. Um die Erderhitzung auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, sind grundlegende Veränderungen unserer Lebensweise erforderlich, und auch die Wirtschaft muss sich einer Transformation stellen – in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung. Da fast 16 % der deutschen Treibhausgasemissionen auf die Wohnnutzung zurückzuführen sind, hat auch der Bausektor einen wesentlichen Beitrag dazu zu leisten.
Dabei liegt die Antwort für mehr Klimaschutz am Bau nicht nur in den dicken Dämmpaketen an den Hauswänden. Es geht auch um eine ganzheitliche Betrachtung des Bauens und der Nutzung von Gebäuden. Entscheidend ist die Klimaneutralität der Bauwerke, und hier ist die Wiederverwendbarkeit von Materialien ein wichtiger Schritt im Umgang mit knappen Ressourcen.
Daher hat die FH Münster das Themenfeld Nachhaltigkeit in ihrem aktuellen Hochschulentwicklungsplan als zukünftige Herausforderung adressiert. Aktuell ist die Hochschule federführend am Projekt „RessProKA“ beteiligt. Das Ziel ist es, technische und finanzielle Lösungsansätze zu entwickeln, um die für Gewerberäume genutzten Bauprodukte möglichst lange im Kreislauf zu halten. Der Hintergrund: Die Mietvertragszeiten von gewerblich genutzten Gebäuden werden immer kürzer – in 95 % der Fälle dauern diesen nicht einmal 10 Jahre. Weil die Räumlichkeiten den Bedürfnissen der neuen Mieter nicht mehr entsprechen, ist der Wechsel oft mit einem Umbau verbunden. Dadurch haben die hier eingesetzten Bauprodukte im Vergleich zum Rohbau deutlich kürzere Umlaufzeiten und auch der Recyclingfähigkeit der Produkte sind Grenzen gesetzt.
Hier setzt das neue Geschäftsmodell der FH Münster an. Die Idee: Um den Produktkreislauf ressourceneffizient zu schließen, werden Baumodule wie Decken und Böden vom Hersteller vermietet und in ein Rücknahmesystem eingebunden. Dabei hat das Team um die Projektleiterin Prof. Dr. Sabine Flamme eng mit den Partnern Lindner Group KG, einem Hersteller von Innenausbausystemen, und dem Forschungs- und Beratungsinstitut BIFAS zusammengearbeitet. Flamme erklärt den Ansatz: „Wenn neue Mieterinnen und Mieter in einen Bürokomplex einziehen möchten, verbleiben die universell einsetzbaren Baumodule idealerweise direkt im Gebäude.“ Sie werden lediglich nach den Vorstellungen der Architekten und Betreiber neu angeordnet. So müsse keine Energie für den Transport oder das Recycling, und schon gar nicht für die Entsorgung und Herstellung neuer Bauteile aufgebracht werden. Alternativ nimmt der Hersteller die Baumodule zurück, prüft diese, bereitet sie gegebenenfalls auf und baut sie in anderen Gebäuden wieder ein.
Das Team konzipierte das Geschäftsmodell zunächst am Beispiel des NORTEC-Doppelbodens des Praxispartners Lindner, einer Bodenplatte aus Gipsfaser. Ein solches Baumodul könne eine Lebensdauer von deutlich mehr als 50 Jahren haben – wenn es denn so lange in Gebrauch bleibt.
(Autor: Paul Deder)