Endzeitstimmung im Land. Vorbei sind die Zeiten, als Corona nur ein feines Bier war. Heute trägt ein Virus diesen Namen, der bei Teilen der Bevölkerung Deutschlands Anfang März den Überlebensmodus aktiviert hat. Die heile Welt, die bei uns seit dem letzten Krieg herrscht und nur durch die Finanzkrise kurzzeitig gehemmt wurde, scheint nun ernsthaft in Gefahr zu sein. So durchorganisiert und pedantisch wie wir sind, decken wir uns in diesen Tagen mit dem Nötigsten ein, um die schwere Zeit notfalls im Keller des eigenen Reihenhäuschens durchzustehen. Nach den ersten Hamsterkäufen sind bei vielen Discountern Toilettenpapier, Mehl und Salz aus den Regalen verschwunden. Wieso gerade diese Produkte und in dieser Kombination, bleibt ein großes Rätsel. Es herrscht wohl die Zuversicht, dass der Verdauungstrakt auch in den entbehrungsreichen Wochen der heimischen Isolation intakt bleibt.
Nun ernsthaft – wieso legt ein Durchschnittsbürger plötzlich Vorräte an? Ist die Gefahr des menschlichen Niedergangs wirklich so nah? Oder bereiten wir uns, von diversen Hollywood-Streifen inspiriert, auf die Zombie-Apokalypse vor? Gut möglich, dass dieser Prozess den Menschen das Gefühl gibt, der neuen, unsichtbaren Bedrohung endlich bewusste Taten entgegenzusetzen. Aufgewachsen in einem freien Land, haben wir von Kindesbeinen an gelernt, jederzeit die Kontrolle über unsere Lebensumstände zu behalten. Nun herrscht Unsicherheit, die Bürger verspüren ein Gefühl der Ohnmacht, was sie zu instinktiven Handlungen treibt. Überhaupt sind die aktuelle Lage und die damit verbundenen Reaktionen kaum logisch zu erklären. Denn während ein Großteil der Bevölkerung schon bei einigen Hundert Coronavirus-Infizierten Anfang März in blanke Panik verfällt, gehen Eltern wegen der Masern-Impfpflicht auf die Straße. Gleichzeitig wird die Grippe von den meisten immer noch als Bagatelle gesehen, obwohl ihr in Deutschland jährlich Tausende zum Opfer fallen. Allein die letzte Influenzawelle 2017/ 2018 hat Schätzungen des Robert-Koch-Instituts zufolge über 25.000 Tote gefordert. Zwischen 2 und 10 Mio. Menschen erkranken landesweit während einer saisonalen Grippewelle und doch lässt sich laut der Techniker Krankenkasse nur jeder zehnte Bundesbürger gegen die Grippe impfen. Sogar bei den über 60-Jährigen, bei denen die Gefahr für Komplikationen am Größten ist, herrscht Tiefenentspannung: Nur jeder Dritte beugt medikamentös vor.
Auch wurden schon zu Beginn der Epidemie im Land wurden fast täglich Messen und Events abgesagt, weil Unternehmen ihre Mitarbeiter und Gäste schützen wollten. Allein im Baubereich haben mit der Fensterbau Frontale, der Holz-Handwerk und der IFAT drei große Veranstaltungen den Messetermin nach hinten verschoben. Die Internationale Handwerksmesse in München wurde für 2020 sogar komplett gecancelt. Die Absagen weiterer Veranstaltungen im Sommer sind wohl auch nur eine Frage der Zeit.
Auch wenn die Welt am Ende doch nicht untergeht, stellt sich die Frage nach den wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie. Für Ökonomen sind hier alle Szenarien möglich – von einem kurzfristigen Einbruch bis zur jahrelangen Rezession. Für das Baugewerbe bleibt die Hoffnung, dass der reale Bedarf an Wohnraum und Infrastruktur nicht von infektiösen organischen Strukturen beeinflusst werden kann. Daher herrscht heute für jedermann das Gebot, nicht in Panik zu verfallen, damit sich die Erregung nicht schneller ausbreitet, als der Erreger selbst. Wir sind noch weit davon entfernt, mit Mistgabeln und Fackeln durch die Straßen rennen und Geschäfte plündern zu müssen. Durch den Verzicht auf "Freigang" und strengere Hygiene kann man das Ansteckungsrisiko deutlich senken. Und auch das obligatorische Händeschütteln als Begrüßungsritual lässt sich schnell upgraden – z. B. zu einer lässigen „Ghettofaust“. Außergewöhnliche Situationen erfordern eben außergewöhnliche Maßnahmen!
Autor: Paul Deder