Seit beinah einer Dekade haben Verkaufsmakler, Finanzvermittler und Banken wieder gut lachen: die Investition in „Betongold“ ist dank der Nullzinspolitik der EZB heute so attraktiv wie selten zuvor. Die Zinsen für Immobilienkredite befinden sich auf einem historisch niedrigen Niveau und sorgen damit für einen blühenden Handel. Aber es gibt einen Hacken: mit dem Anstieg der Nachfrage sind auch die Kaufpreise massiv in die Höhe geschnellt. Eine Entwicklung, die sowohl den Kreditinstituten als auch den frischgebackener Eigenheimbesitzern die Feierstimmung ordentlich verderben kann.
Nach Jahrelanger Hauspreis-Rally mehren sich nämlich die Stimmen, dass am Immobilienmarkt gerade eine gewaltige Blase entsteht. Gerade in den großen deutschen Städten halten Experten Preiskorrekturen der Immobilien von bis zu 30 % für möglich. Dabei neigt man doch zu glauben, dass zehn Jahre nach dem großen Crash Versäumnisse bei der Bankenregulierung ausgeschlossen sein sollten. Die Hausaufgaben wurden doch sicher gemacht, um einer erneuten Geldvernichtung in Billionenhöhe zuvor zu kommen?
Das Dauergrinsen der Boom-Profiteure darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Finanzkrise immer noch auf die Weltwirtschaft auswirkt. Da ist zum einen die hohe Staatsverschuldung in vielen, auch europäischen Ländern oder auch das billige Geld der Zentralbanken, die im Moment bei Immobilien und bei der Börse landen statt in der realen Wirtschaft. Weil das Eigenheim heute für viele die einzig sinnvolle Geldanlage und Rentenabsicherung zu sein scheint, steigen die Preise vielerorts quasi im Wochentakt. Surreal anmutende Quadratmeter-Preise von bis zu 8.000 Euro sind in den Metropolen keine Seltenheit. Das betrifft nicht nur Neubauten – fehlendes Bauland, deutliche Steigerungen der Bodenrichtwerte und eine unersättliche Nachfrage machen auch Bestandsimmobilien zu begehrten Kaufobjekten, sodass viele Eigentümer und Investoren heute locker das Doppelte des vor zehn Jahren bezahlten Marktpreises verlangen können.
Wer kaufen will, für den wird das Unmögliche möglich gemacht. Auf die lange Zeit geltende Regel, 20 % der Kaufsumme möge der Käufer selbst aufzubringen, bestehen die Banken nicht mehr. Angesichts der exorbitanten Preise scheint diese Hürde für viele Immobilienanwärter zu einer unüberwindbaren Hürde zu werden. Bei einer sogenannten 110-%-Finanzierung packen die Banken heute sogar noch die Kaufnebenkosten in den Geldkoffer ein, sodass auch Kunden mit leerem Portemonnaie durchgewunken werden. Ein durchaus riskantes Geschäft für die Geldgeber, denn für die aus der Gesamtsumme bezahlten Grunderwerbsteuer, Maklergebühr und Co. gibt es für sie keinen materiellen Gegenwert mehr. Böses Erwachen kommt womöglich dann, wenn für den Eigenheimbesitzer die Anschlussfinanzierung ansteht. Steigt der Zins nur um einen Prozentpunkt – was angesichts der heutigen Werte keine bloße Spekulation ist – dann droht dem Häuslebauer, der seinen Traum „mit Gewalt“ erfüllt hat, die Privat-Insolvenz. Sinken die Immobilienpreise mit steigenden Zinsen und haben die Banken zu viele faulen Kredite in ihren Büchern, dann können auch sie ins Wanken geraten und mit ihnen die gesamte Wirtschaft. Der Rest ist Geschichte.
Spekulative Überbewertungen, Banken, die bei der Kreditvergabe nicht nur ein Auge zudrücken und Zinsen, die sich eigentlich nur noch in eine Richtung entwickeln können: ein gefährlicher Mix der „Zutaten“, um die Blase zum platzen zu bringen. Und die europäischen Finanzaufseher? Da bleiben die Alarmglocken still. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Tiefenentspannung nicht eines Tagen in eine Schockstarre übergeht. Man kann den gleichen Fehler nämlich nicht zweimal machen, denn beim zweiten Mal ist es eine bewusste Entscheidung...
Autor: Paul Deder