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Helfen und helfen lassen

Zu Beginn des dritten Jahres der Corona-Pandemie dominiert nach wie vor große Unsicherheit das Baugeschehen. Trotz aller Zuversicht durch eine anhaltend hohe Nachfrage nach Bauleistungen bleibt die Situation in der Branche unübersichtlich und fragil. Corona ist ein Unsicherheitsfaktor, der die Zukunftsaussichten trübt. Die Lieferengpässe bei Baumaterialien, ungebrochen hohe Rohstoffpreise und Energiekosten auf Rekordniveau bringen die „Konjunkturmaschine“ Baugewerbe ins Stocken. Befragungen zeigen jedoch, dass sich vor allem der Fachkräftemangel zu einem großen Geschäftsrisiko der Baubetriebe entwickelt hat.

Während der Bauboom in Deutschland weiter auf Hochtouren läuft, finden die Unternehmen nicht genügend Personal, um ihre Aufträge abwickeln zu können. Die Gründe für fehlendes qualifiziertes Personal am Bau sind schnell ausgemacht: Zum einen fehlt für die vermeintlich männliche Branche der weibliche Nachwuchs. Auch wenn sich seit den 90er Jahren durch neue Arbeitsmethoden und technologischen Fortschritt die Einstiegsbedingungen für Frauen verbessert haben, sind sie auf der Baustelle klar in der Unterzahl. Die tendenziell körperlich anstrengende Arbeit draußen und bei jedem Wetter wirkt auf junge Menschen beider Geschlechter eher abschreckend. Die von den Eltern vermittelte Weisheit, ein Studium sei das einzig Wahre, tut ihr Übriges. Nach 8 Jahren Unterkapazitäten an fähigem Personal ist eine kurzfristige Trendwende trotz aller Recruiting-Kampagnen nicht zu erwarten. Die Branche braucht schnelle Lösungen, um den Auftragsstau abzuarbeiten und die Bautätigkeiten vor allem im dringend benötigten sozialen Wohnungsbau weiter dynamisch entwickeln zu können.

Chancen bietet ausgerechnet der vom Kreml-Despoten ausgelöste Konflikt in der Ukraine. Der russische Überfall hat für Europas größte Flüchtlingstragödie seit 1945 gesorgt: Millionen Ukrainer fliehen aus dem Land, Zehntausende suchen bei uns Schutz vor Putins Krieg. Ihre Anzahl wird weiter wachsen, die Frage nach der systematischen Integration der Kriegsvertriebenen auf dem hiesigen Arbeitsmarkt ist nur eine Frage der Zeit. Natürlich ist das aktuell nicht die dringendste Frage – zuallererst ist den Geflüchteten die notwendige humanitäre Hilfe zu leisten. Doch je nachdem, wie lange der Krieg dauert und wie er endet, ist es gut möglich, dass viele der ukrainischen Staatsangehörigen bei uns bleiben würden, um in Deutschland eine neue Zukunft aufzubauen. Die notwendigen Maßnahmen dafür müssen bereits jetzt entwickelt und richtige Instrumente in Gang gesetzt werden. 

Die europaweit beschlossene, unbürokratische Aufnahme der Flüchtlinge, der garantierte Schutz für mindestens zwölf Monate und eine offizielle Arbeitserlaubnis sind erste wichtige Schritte. Nun geht es darum, möglichst weitreichende Regelungen zu treffen, um den Zugang der Geflüchteten zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Zur Vermeidung jeglicher Hindernisse bei der Umsetzung wäre auf nationaler Ebene z. B. die Anwendung der sogenannten Westbalkanregelung möglich, mit der Menschen aus dem Südosten Europas schon seit 2016 in der Bundesrepublik mit einer Arbeitsplatzzusage arbeiten können, ohne dass sie dafür einen anerkannten Abschluss oder eine bestimmte Qualifikation nachweisen müssen. Besser wäre es auch, den Schutzbedürftigen eine längerfristige Perspektive zu bieten, um ihnen die Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung zu erleichtern. Um den Arbeitgebern die Angst vor Sprachbarrieren zu nehmen, sollten außerdem umgehend Kapazitäten für Intensiv-Sprachkurse geschaffen werden. Diese ermöglichen nicht nur eine schnellere Integration der Ukrainer auf dem Arbeitsmarkt, sondern helfen ihnen auch bei der Vermittlung von Alltagskompetenzen.

Autor: Paul Deder

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